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Geschichte der Finanzgerichtsbarkeit

Näheres zur geschichtlichen Entwicklung der Finanzgerichtsbarkeit seit der Weimarer Republik.

Nach obenAufbau der Finanzgerichtsbarkeit in der Weimarer Republik

Mit der Errichtung des Reichsfinanzhofs mit Sitz in München wurde im Jahre 1918 eine selbständige deutsche Finanzgerichtsbarkeit geschaffen. Zuvor bestand in Steuerstreitigkeiten eine Rechtswegzersplitterung: Vorwiegend war der Rechtsschutz gegen Steuerverwaltungsakte den Verwaltungsgerichten übertragen. Über Erbschaftsteuerstreitigkeiten hatten die ordentlichen Gerichte und über Streitigkeiten wegen Reichssteuern (Zölle und Verbrauchsteuern) hatte das Reichsgericht zu entscheiden.
Im Zuge der Erzbergerschen Finanzreform wurden 1919 die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung erstinstanzlicher Finanzgerichte geschaffen. In den Jahren 1921/1922 nahmen die Finanzgerichte ihre Tätigkeit auf. Bis 1939 waren die Finanzgerichte keine selbständigen Behörden, sondern den Landesfinanzämtern (Oberfinanzdirektionen) angegliedert. Ihre Mitglieder wurden vom Reichsminister der Finanzen bestellt. Die Kammern der Finanzgerichte waren mit zwei Beamten und drei ehrenamtlichen Mitgliedern besetzt. Dabei handelte es sich um Finanzbeamte, die neben ihrer richterlichen Tätigkeit weiterhin Verwaltungsaufgaben wahrnehmen konnten, also eine Doppelfunktion ausübten.

Die Mitglieder der Finanzgerichte waren sachlich unabhängig, unterlagen also keinen fachlichen Weisungen. Sie waren aber nicht persönlich unabhängig; sie konnten abgesetzt, versetzt oder an andere Behörden abgeordnet werden.

Nach obenFinanzgerichte in der Zeit des Nationalsozialismus

Durch Erlass über die Vereinfachung der Verwaltung vom 28.08.1939, einem so genannten Führererlass, wurden Einspruch und Klage in Abgabenangelegenheiten abgeschafft. Dadurch wurden die Finanzgerichte kurz vor Beginn des 2. Weltkrieges „außer Tätigkeit gesetzt“.

Über Rechtsbehelfe in Steuerangelegenheiten entschieden in der Folgezeit die Oberfinanzpräsidenten durch die von den Finanzgerichtspräsidenten geleiteten Abteilungen für die Bearbeitung von Anfechtungssachen auf dem Gebiet der Besitz- und Verkehrsteuern.

Gegen die Entscheidungen der Oberfinanzpräsidenten war eine sogenannte Rechtsbeschwerde an den Reichsfinanzhof nur zulässig, wenn sie zugelassen worden war. Die Voraussetzungen für eine solche Zulassung waren nicht schriftlich festgelegt. Die Präsidenten der Oberfinanzdirektionen wurden vom Reichsfinanzminister mündlich angewiesen, die Rechtsbeschwerden an den Reichsfinanzhof möglichst einzuschränken. Die Möglichkeit zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde bestand nicht.

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Nachkriegsentwicklung in der Bundesrepublik

Mit dem Ende des 2. Weltkrieges stellte der Reichsfinanzhof seine Tätigkeit ein. In der Folgezeit existierte in den vier Besatzungszonen keine einheitliche oberste Rechtsinstanz in Steuerangelegenheiten. Nach der Gründung der Bundesrepublik wurde im Jahr 1950 der Bundesfinanzhof in München errichtet.
Der Führererlass vom 28.08.1939 wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 36 vom 10.10.1946 aufgehoben. Dadurch wurde die Wiedererrichtung von Finanzgerichten in den Ländern ermöglicht.

In Nordrhein-Westfalen wurden zunächst die Finanzgerichte in Düsseldorf und in Münster errichtet. Dies erfolgte aufgrund der am 01.02.1949 in Kraft getretenen Verordnung Nr. 175 der Britischen Militärregierung. Das dritte nordrhein-westfälische Finanzgericht in Köln besteht seit dem 01.07.1980.

Die Finanzgerichte wurden für unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen erklärt. Die Dienstaufsicht über die Finanzgerichte lag in Nordrhein-Westfalen zunächst beim Landesfinanzminister. Im Jahre 1970 wurden die Finanzgerichte des Landes Nordrhein-Westfalen von der Landesfinanzverwaltung getrennt, indem sie der Dienstaufsicht des Landesjustizministers unterstellt wurden. Seitdem sind die Finanzgerichte selbständige Behörden mit eigener Personal- und Haushaltsverwaltung, deren Richterinnen und Richter von der Landesregierung auf Lebenszeit ernannt werden.