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Ehepaar, das sich nicht ansieht

Quelle: © panthermedia.net/ Arne Trautmann

Scheidung

Informationen dazu, welche Gerichte für Scheidungen mit internationalem Bezug zuständig sind, das Recht welchen Staates anwendbar ist und welche Besonderheiten zu berücksichtigen sind.

Nach obenWann sind deutsche Gerichte international zuständig?

Die Frage, wann deutsche Gerichte für Scheidungsverfahren mit grenzüberschreitendem Bezug international zuständig sind, richtet sich für Verfahren, die ab dem 01.08.2022 eingeleitet worden sind, nach den europarechtlichen Vorschriften der Brüssel IIb-Verordnung. Dies gilt unabhängig davon, zu welchem Staat der Bezug besteht, also auch dann, wenn ein Ehegatte z.B. in Thailand lebt.

Für zuvor eingeleitete Verfahren gilt die Brüssel IIa-Verordnung als Vorgängerverordnung. Die Unterschiede in der Rechtslage sind im Bereich der Scheidungsverfahren nicht erheblich.

Es gibt sieben alternative Gründe für die Zuständigkeit, davon sechs auf Grundlage des gewöhnlichen Aufenthalts und einen basierend auf der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Ehegatten. Dem gewöhnlichen Aufenthalt kommt damit eine besondere Bedeutung zu. Dies ist der Ort, an dem eine Person vereinfacht zusammengefasst ihren tatsächlichen Lebensmittelpunkt hat. Es kommt insoweit zweigliedrig auf objektive Elemente an, nämlich insbesondere eine hinreichend dauerhafte Anwesenheit, und daneben auf subjektive Elemente in Form des nach außen manifestierten Willens einer Person. Die Meldeadresse ist nicht entscheidend. So sind deutsche Gerichte beispielsweise bei grenzüberschreitendem Bezug international zuständig für ein Ehescheidungsverfahren, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (auf die Staatsangehörigkeit kommt es hierbei nicht an) oder beide Ehegatten Deutsche sind (zu Einzelheiten Art. 3 Brüssel IIb-Verordnung bzw. Art. 3 Abs. 1 Brüssel IIa-Verordnung; siehe auch Praxisleitfaden für die Anwendung der Brüssel IIa-Verordnung externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab und Praxisleitfaden für die Anwendung der Brüssel IIb-Verordnung (nur in englischer Sprache verfügbar) 

Da die Gründe gleichrangig sind, kann es sein, dass Gerichte mehrerer Mitgliedstaaten zuständig sind. Die Partei, die zuerst das Scheidungsverfahren einleitet, hat dann die Wahl, die Gerichte welches Mitgliedstaates angerufen werden.

Nach obenWelches Gericht ist in Deutschland örtlich zuständig?

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts- Familiengerichts richtet sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt (zu Einzelheiten § 122 FamFG). Hier hilft die Adressdatenbank externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab.

Nach obenDas Recht welchen Staates bestimmt die Voraussetzungen für die Scheidung?

In Deutschland regelt insbesondere die Rom III-Verordnung als europäisches Rechtsinstrument die Frage, das Recht welchen Staates die Scheidungsvoraussetzungen bestimmt.

Danach können die Ehegatten wählen, das Recht welchen Staates auf die Scheidung ihrer Ehe anzuwenden ist. Die Kriterien für eine wirksame Rechtswahl sind in Art. 5 ff. Rom III-Verordnung, § 46e EGBGB festgelegt. Es kann nur das Recht eines Staates gewählt werden, zu dem einer der dort aufgeführten Anknüpfungspunkte gegeben ist. Auch sind Zeitpunkt und Form der Rechtswahl zu beachten.

Haben die Eheleute keine wirksame Rechtswahl getroffen, legt insbesondere Artikel 8 Rom III-Verordnung das auf die Scheidung anzuwendende Recht fest. Dessen Anknüpfungspunkte sind stufenweise hintereinander geschaltet, d.h., dass spätere nur zum Zuge kommen, wenn die zuvor genannten nicht einschlägig sind. Wenn keine wirksame Rechtswahl getroffen worden ist, gilt vorrangig das Recht des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten. Besteht kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt der Ehegatten, richtet sich die Frage, welches Recht anzuwenden ist, nach Art. 8 b) – d) Rom III-Verordnung. Hier kann es dann auch nachrangig dazu kommen, dass das Recht des Staates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit gilt.

Leben beide Ehegatten bereits länger in Deutschland, so findet deutsches Recht Anwendung, selbst wenn beide Eheleute die identische ausländische Staatsangehörigkeit haben. Wollen Sie, dass auf Ihre Scheidung das Recht des Staates, dessen Staatsangehörige Sie sind, Anwendung findet, sollten Sie dies im Wege einer wirksamen Rechtswahl vereinbaren. Nur dann richten sich die Voraussetzungen einer Scheidung nach dem Recht des Staates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit.
Informationen zum Scheidungsrecht in anderen EU-Mitgliedstaaten externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab.

Nach obenSind für eine gleichgeschlechtliche Ehe Besonderheiten zu beachten?

Die Vorschriften der Rom III-VO bestimmen in Deutschland auch das auf die Scheidung gleichgeschlechtlicher Ehen anwendbare Recht, Art. 17b Abs. 4 S. 1 EGBGB.

Nach obenSind für die Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft Besonderheiten zu beachten?

Die vorstehenden Ausführungen für Scheidungen gelten nicht für die Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Hier sind die deutschen Gerichte zuständig, wenn eine Lebenspartnerin oder ein Lebenspartner die deutsche Staatsangehörigkeit innehat oder bei Begründung der Lebenspartnerschaft innehatte, einer der Lebenspartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat oder die Lebenspartnerschaft vor einer zuständigen deutschen Stelle begründet worden ist, § 103 FamFG.

Die Voraussetzungen einer Auflösung der Lebenspartnerschaft richten sich nach dem Recht des Register führenden Staates, Art. 17b Abs. 1 S. 1 EGBGB.

Nach obenWird eine im Ausland erfolgte Scheidung in Deutschland anerkannt?

Ob und wie eine im Ausland erfolgte Scheidung in Deutschland wirkt, die sogenannte Anerkennung, hängt davon ab, aus welchem Staat die Entscheidung stammt.

a) Handelt es sich um eine Scheidungsentscheidung aus einem anderen EU-Staat mit Ausnahme von Dänemark, gelten die Regelungen der Brüssel IIb-Verordnung für Entscheidungen ab dem 01.08.2022 eingeleiteten Verfahren, für Entscheidungen aus zuvor eingeleitete Verfahren die Regelungen der Brüssel IIa-Verordnung. Diese Entscheidungen werden in Deutschland automatisch anerkannt, Art. 30 Abs. 1 Brüssel IIb-Verordnung bzw. Art. 21 Abs. 1 Brüssel IIa-Verordnung. Es bedarf also keines förmlichen Anerkennungsverfahrens. Dennoch hat jeder Ehegatte im Fall der Geltung der Brüssel IIb-Verordnung die Möglichkeit, eine verbindliche gerichtliche Entscheidung, dass kein Anerkennungsversagungsgrund vorliegt bzw. dass die Anerkennung aufgrund eines Anerkennungsversagungsgrundes zu versagen ist, zu beantragen, Art. 30 Abs. 3 Brüssel IIb-Verordnung. Im Geltungsbereich der Brüssel IIa-Verordnung kann jeder Ehegatte einen Antrag auf Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung beantragen, Art. 21 Abs. 3 Brüssel IIa-Verordnung. Die gerichtliche Zuständigkeit richtet sich primär danach, wo die antragsgegnerische Person sich gewöhnlich aufhält. Zuständig sind spezialisierte Amtsgerichte am Sitz des Oberlandesgerichts für den gesamten OLG-Bezirk, also in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den ganzen Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts.

b) Scheidungen, die in anderen Staaten erfolgt sind, bedürfen in Deutschland der förmlichen Anerkennung, § 107 Abs. 1 S. 1 FamFG. Diese erfolgt auf Antrag in einem Justizverwaltungsverfahren. Wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen hat, ist dafür der Präsident des Oberlandesgerichts Düsseldorf zuständig (zu Einzelheiten externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab). Dieser förmlichen Anerkennung bedarf es nur dann ausnahmsweise nicht, wenn beide Eheleute zum Zeitpunkt der Ehescheidung Staatsangehörige des Staates waren, dessen Gericht entschieden hat, § 107 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Nach obenGilt dies auch für Scheidungen, die im Ausland nicht durch ein Gericht erfolgt sind, sogenannte Privatscheidungen?

Einvernehmliche Scheidungen außerhalb eines Gerichts im klassischen Sinne, sogenannte Privatscheidungen, werden im Ausland immer populärer. In Deutschland sind sie nicht möglich. Hierzu zählt beispielsweise der Talaq nach islamischen Rechtsordnungen und die Scheidung durch eine von Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten gegengezeichnete, bei einer Notarin oder einem Notar registrierte Privaturkunde nach französischem Recht. Die eventuelle Mitwirkung von Behörden ist je nach Rechtsordnung verschieden ausgestaltet und entscheidet, welche Regeln der Anerkennung gelten. Nur dann, wenn es sich um eine Privatscheidung handelt, bei der eine behördliche Entscheidung erforderlich ist, gelten die obigen Ausführungen für gerichtliche Entscheidungen.

Nach obenWer bietet Beratung an?

Neben Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten bietet der Verband binationaler Familien und Partnerschaften externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab außerprozessuale Beratung an.

Im Scheidungsverfahren besteht in Deutschland Anwaltszwang, d.h. jedenfalls die Person, die das Verfahren einleitet, bedarf der anwaltlichen Vertretung.