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Eltern mit Kindern

Quelle: © PantherMedia / IuliiaVerstaBO

Sorge und Umgang

Informationen dazu, welche Gerichte für Sorge- und Umgangsverfahren zuständig sind, welches Recht Anwendung findet und ob und wie Entscheidungen aus anderen Staaten in anderen Ländern anerkannt und/oder vollstreckt werden können.

Nach obenWann sind deutsche Gerichte international zuständig?

Die internationale Zuständigkeit für Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (hierunter fallen Sorge- und Umgangsverfahren, nicht aber solche auf Rückführung nach dem Haager Kindes-entführungsübereinkommen) richtet sich in Deutschland vorrangig nach europarechtlichen Vorschriften. So gilt die Brüssel IIb-Verordnung für ab dem 01.08.2022 eingeleitete Verfahren, für zuvor eingeleitete Verfahren die Brüssel IIa-Verordnung. Nach beiden Verordnungen sind deutsche Gerichte insbesondere zuständig, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, Art. 7 Abs. 1 Brüssel IIb-Verordnung (Näheres im Praxisleifaden zur Brüssel IIb-VO externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab) bzw. Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-Verordnung (Näheres im Praxisleitfaden für die Anwendung der Brüssel IIa-Verordnung externer Link, öffnet neues Browserfenster / neuen Browser-Tab). Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo das Kind in einem sozialen und familiären Umfeld integriert ist. Die Staatsangehörigkeit und die Meldeanschrift sind nicht die entscheidenden Faktoren, vielmehr die tatsächliche Verwurzelung des Kindes.

Nach obenWelches Gericht ist in Deutschland örtlich zuständig?

Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts- Familiengerichts richtet sich, wenn nicht bereits ein Scheidungsverfahren geführt wird, nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes (zu Einzelheiten § 152 FamFG).

Unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Verfahren mit Auslandsbezug auch wahlweise bei dem spezialisierten Amtsgericht am Sitz des OLG geführt werden, § 13 Abs. 2 IntFamRVG. Spezialisierte Gerichte sind in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts.

Hier hilft die Adressdatenbank .

Nach obenGibt es kostenfreie Unterstützungsmöglichkeiten bei der Antragstellung?

Für grenzüberschreitende Umgangsstreitigkeiten besteht, wenn die zwei Staaten Vertragsstaaten des Haager Kindesentführungsübereinkommens sind (Vertragsstaatenliste ) die Möglichkeit, die kostenfreie Unterstützung der Zentralen Behörden in An-spruch zu nehmen, Art. 21 HKÜ. Dies sind staatliche Stellen in den Vertragsstaaten, die u.a. bei der Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Umgang unterstützen. Die Umgangsstreitigkeit muss nicht im Kontext einer Kindesentführung stehen. Zentrale Behörde Deutschlands ist das Bundesamt für Justiz in Bonn (Näheres unter  dort auch ein nicht zwingendes Formular )

Im Fall einer Antragstellung betreffend Umgang über die deutsche Zentrale Behörde sind in Deutschland alleine die spezialisierten Gerichte zuständig, also in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts.
Diese Unterstützungsmöglichkeit besteht nicht bei Sorgerechtsverfahren mit Auslandsbezug.

Nach obenNach welchem Recht richtet sich das Sorgerecht?

Die Sorgerechtslage kraft Gesetzes bestimmt sich nach dem Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes, Art. 16 Abs. 1 Haager Kinderschutzübereinkommen. Auf die Staatsangehörigkeit des Kindes kommt es also nicht an.

Wechselt der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes durch rechtmäßigen Umzug von einem in einen anderen Staat, gilt das Recht des neuen Staates des gewöhnlichen Aufenthalts.

Hier sind aber die Besonderheiten des Art. 16 Abs. 3 und Abs. 4 Haager Kinderschutzübereinkommen zu beachten:

a) Ein Sorgerecht, das im bisherigen Staat kraft Gesetzes bestand, aber nach den Gesetzen des neuen Staates nicht bestehen würde, bleibt auch nach dem Umzug erhalten. Wenn z.B. ein außerhalb einer Ehe geborenes Kind zunächst in Frankreich lebt, sind die Eltern nach französischem Recht gemeinsame Sorgerechtsinhaber. Zieht dieses Kind nun nach Deutschland um, gilt deutsches Recht: Hiernach wäre die Mutter alleine sorgeberechtigt, wenn die Eltern keine gemeinsame Sorgeerklärung abgeben. Hier bleibt aber nach Art. 16 Abs.3 Kinderschutzübereinkommen das väterliche Sorgerecht erhalten, wie in einem Rucksack, den das Kind beim Umzug mit sich führt.

b) Ein Sorgerecht, das erst nach den Gesetzen des neuen Staates besteht, nach den Gesetzen des bisherigen Staates nicht gegeben war, kommt hinzu. Im umgekehrten Beispielsfall des Umzugs von Deutschland nach Frankreich ist also zunächst, solange das Kind in Deutschland lebt, die Mutter alleine sorgeberechtigt. Mit dem Umzug nach Frankreich entsteht nun ein väterliches Mitsorgerecht. In den sorgerechtlichen Rucksack des Kindes können als Sorgerechte kraft Gesetzes hinzu-kommen aber nicht entfallen.

Eine Sorgerechtslage, die auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht, gilt nach Auslandsumzug im Staat des neuen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes weiter.


Für Eltern ist es sehr wichtig zu wissen, wer nach einem Auslandsumzug Sorgerechtsinhaber ist. Entscheidet z.B. ein Elternteil einen Auslandsumzug, ohne eine mitsorgeberechtigte Person zu fragen, so begeht dieser Elternteil mit dem Umzug eine Kindesentführung mit erheblichen zivil- und oft auch strafrechtlichen Konsequenzen (siehe Rubrik Kindesentführung). Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Elternteil sich der Widerrechtlichkeit seines Handelns bewusst war.

Nach obenWelches Recht wendet das deutsche Gericht an?

Sind deutsche Gerichte zuständig, dann wenden sie auf ihre Maßnahmen deutsches Recht an, Art. 15 Haager Kinderschutzübereinkommen.

Nach obenWird eine im Ausland erfolgte Entscheidung betreffend die elterliche Sorge bzw. Umgang in Deutschland anerkannt?

Ob und wie eine im Ausland erfolgte Sorge- oder Umgangsentscheidung in Deutschland wirkt, sogenannte Anerkennung, hängt davon ab, aus welchem Staat die Entscheidung stammt.

a) Handelt es sich um eine Entscheidung aus einem anderen EU-Staat mit Ausnahme von Dänemark, gelten europarechtliche Regelungen: Die Vorschriften der Brüssel IIb-Verordnung, wenn das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nach dem 01.08.2022 eingeleitet worden ist, und die Regelungen der Brüssel IIa-Verordnung für Entscheidungen aus zuvor eingeleiteten Verfahren. Nach beiden EU-Verordnungen werden Entscheidungen in Deutschland automatisch anerkannt, Art. 30 Abs. 1 Brüssel IIb-Verordnung bzw. Art. 21 Abs. 1 Brüssel IIa-Verordnung. Es bedarf also keines förmlichen Anerkennungsverfahrens. Eine Partei, die ein Interesse hat, kann im Anwen-dungsbereich der Brüssel IIb-Verordnung eine verbindliche gerichtliche Entscheidung beantragen, dass kein Grund für die Versagung der Anerkennung der ausländischen Entscheidung vorliegt bzw. dass die Anerkennung der ausländischen Entscheidung aufgrund eines Anerkennungsversagungs-grundes zu versagen ist, Art. 30 Abs. 3 Brüssel IIb-Verordnung. Im Geltungsbereich der Brüssel IIa-Verordnung kann sie die verbindliche Anerkennung bzw. Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung beantragen, Art. 21 Abs. 3 Brüssel IIa-VO. Hierfür sind die spezialisierten Amtsgerichte am Sitz des Oberlandesgerichts für den gesamten OLG-Bezirk zuständig, also in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts. Mehr Informationen .

b) Stammt die Entscheidung aus einem Vertragsstaat des Haager Kinderschutzübereinkommens, der nicht EU-Staat mit Ausnahme von Dänemark ist, finden die Regelungen der Art. 23 ff. Haager Kinderschutzübereinkommen Anwendung. Dies gilt z.B. für Entscheidungen aus Australien, der Schweiz, Russischen Föderation und Ukraine. Auch diese Entscheidungen werden automatisch anerkannt. Es kann die verbindliche Anerkennung bzw. Nichtanerkennung beim spezialisierten Gericht beantragt werden, also in Nordrhein-Westfalen bei den Amtsgerichten Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts.

c) Richtet sich die Anerkennung nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen (ESÜ), so z.B. in Bezug auf Serbien, ist die Entscheidung im anderen Staat anzuerkennen, Art. 7 ESÜ. Eine interes-sierte Partei kann beim Spezialgericht die verbindliche Anerkennung zu beantragen.

d) Für Entscheidungen aus anderen Staaten ist ein Anerkennungsverfahren ebenfalls nicht zwingend. Auf Antrag kann auch hier die Anerkennung verbindlich festgestellt werden, § 108 Abs. 2 FamFG. Es ist die Besonderheit zu beachten, dass hierfür das allgemein zuständige Amtsgericht- Familiengericht zuständig ist. Hier hilft die Adressdatenbank .

Nach obenKann eine ausländische Entscheidung betreffend Sorge oder Umgang in Deutschland vollstreckt werden?

Ob und wie eine im Ausland erfolgte Sorge- oder Umgangsentscheidung in Deutschland vollstreckt werden kann, hängt davon ab, aus welchem Staat die Entscheidung stammt und welchen Inhalt sie hat.

Handelt es sich um eine Entscheidung aus einem anderen EU-Staat mit Ausnahme von Dänemark, gelten europarechtliche Regelungen: Die Vorschriften der Brüssel IIa-Verordnung, wenn das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, vor dem 01.08.2022 eingeleitet worden ist, und die Regelungen der Brüssel IIb-Verordnung für Entscheidungen aus ab dem 01.08.2022 eingeleiteten Verfahren. Die Regelungen der beiden Verordnungen unterscheiden sich in diesem Bereich erheblich:

Die Brüssel IIa-Verordnung regelt, dass ausländische Entscheidungen grundsätzlich in dem anderen Mitgliedstaat, in dem sie vollstreckt werden sollen, für vollstreckbar erklärt werden müssen, Art. 28 Abs. 1 Brüssel IIa-Verordnung. Hierfür sind in Deutschland die spezialisierten Amtsgerichte am Sitz des Oberlandesgerichts für den gesamten OLG-Bezirk zuständig, also in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts. Von dem Erfordernis der Vollstreckbarerklärung ausgenommen sind Entscheidungen i.S.d. Art. 40 Brüssel IIa-Verordnung, zu denen insbesondere Umgangsentscheidungen zählen. Mehr Informationen  .

Sorge- und Umgangsentscheidungen, die in den Anwendungsbereich der Brüssel IIb-Verordnung fallen, sind dagegen sämtlich ohne Weiteres, also ohne dass es zuvor einer Vollstreckbarerklärung bedarf, in einem anderen an die Brüssel IIb-Verordnung gebundenen EU-Mitgliedstaat und damit auch in Deutschland vollstreckbar, Art. 34 Abs. 1, Art. 45 Abs. 1 Brüssel IIb-Verordnung.

Stammt die Entscheidung aus einem Vertragsstaat des Haager Kinderschutzübereinkommens, der nicht EU-Staat mit Ausnahme von Dänemark ist, bedarf es immer einer Vollstreckbarerklärung, Art. 26 Abs. 1 Kinderschutzübereinkommen. Hierfür sind in Deutschland ebenfalls die spezialisierten Gerichte zuständig, also in Nordrhein-Westfalen die Amtsgerichte Düsseldorf, Hamm und Köln für den Bezirk des jeweiligen Oberlandesgerichts.

Auch im Anwendungsbereich des Europäischen Sorgerechtsübereinkommens bedarf es der Vollsteckbarerklärung durch die spezialisierten Gerichte, Art. 7 Europäisches Sorgerechtsübereinkommen.

Die ausländische Entscheidung aus einem anderen Staat ist vollstreckbar, soweit sie anzuerkennen ist, § 110 FamFG. Für diese gibt es kein Vollstreckbarerklärungsverfahren. Es ist beim allgemein zuständigen Amtsgericht –Familiengericht die Vollstreckung zu beantragen. Hier hilft die Adressdatenbank  .

Nach obenKann eine in Deutschland ergangene Entscheidung betreffend die elterliche Verantwortung im Ausland anerkannt und vollstreckt werden?

Ob und wie eine in Deutschland erfolgte Sorge- oder Umgangsentscheidung im Ausland anerkannt und vollstreckt werden kann, hängt davon ab, in welchem Staat die Entscheidung geltend gemacht werden soll und welchen Inhalt sie hat.

a) Handelt es sich um einen anderen EU-Mitgliedstaat mit Ausnahme von Dänemark, so finden die zuvor dargestellten Regelungen der Brüssel IIb-Verordnung bzw. Brüssel IIa-Verordnung Anwendung.

b) Im Verhältnis zu einem Vertragsstaat des Haager Kinderschutzübereinkommens und des Euro-päischen Sorgerechtsübereinkommens gelten ebenfalls die insoweit zuvor dargestellten Regeln.

c) Ist Deutschland mit dem anderen Staat in Fragen der Anerkennung und Vollstreckung dieser Art von Entscheidungen nicht durch ein europäisches oder internationales Regelwerk gebunden, entscheidet das nationale Recht des anderen Staates über die Fragen der Anerkennung und Vollstreckung.

Nach obenGibt es Alternativen zu einem gerichtlichen Verfahren?

Einvernehmliche elterliche Lösungen liegen regelmäßig im Interesse des Kindes. Eltern sollten deswegen bereits vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens die Möglichkeit einer elterlichen Einigung sorgfältig ausloten. Es können kostenfreie Beratungen durch das örtliche Jugendamt und, dies je nach den Gegebenheiten vor Ort, freie und kirchliche Beratungsstellen in Anspruch genommen werden. Die Organisationen "Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation"(ZAnK ) im Internationalen Sozialdienst und der "Verband binationaler Familien und Partnerschaften "  bieten speziell Beratungen bei Familienkonflikten mit internationalem Kontext an. Das "Internationale Mediationszentrum für Familienkonflikte und Kindesentführung " berät kostenfrei rund um das Thema Mediation bei grenzüberschreitenden Familienkonflikten und internationaler Kindesentführung und vermittelt an Mediatoren, die auf eine internationale Familienmediation spezialisiert sind.

Auch noch während eines laufenden Gerichtsverfahrens, sogar vor einer Vollstreckung, ist es im Sinne der Kinder und der gesamten Familie wichtig, sich darüber auszutauschen, ob eine einvernehmliche Lösung nicht doch möglich. Die Inanspruchnahme der angegebenen professionellen Hilfen sollte weiter überdacht werden.

Kommt es zu einer Elternvereinbarung, ist sorgfältig zu prüfen, ob es zur Absicherung der Einigung der Einschaltung des Familiengerichts bedarf, damit sie in allen betroffenen Staaten gilt.